So finden und bewerten Investoren die besten Startups:
Immer wieder wird die Frage nach den besten Startups gestellt. Da unterhalten sich Investoren am Rande von Veranstaltungen über ihre neueste Beteiligung an einem jungen Unternehmen – oder es sind die Startup-Gründer selbst, die sich bei Investoren anpreisen. Immer stehen zunächst das Produkt und der Produktnutzen im Vordergrund. Dann wird vielleicht noch über Team und Strategie gesprochen. Doch, sobald es an die Zahlen und die Bewertung geht, ist Schweigen angesagt. Nur selten werden dann noch konkrete Fakten und Strategien zu Werten und Bewertungen übergeleitet.
Dabei ist eine solche Bewertung nicht nur für das Startup von Anfang an sehr wichtig. Die Bewertung entscheidet zwar über die Höhe des Anteils, den ein Investor für sein finanzielles Engagement erhält. Weit wichtiger ist aber nicht die heutige, sondern die künftige Bewertung des jungen Unternehmens. Was wird das Unternehmen für einen Wert haben, wenn es ‚mal groß ist‘. Genau dort muss jeder gute Investor und jedes gute Startup-Gründerteam ansetzen. Daraus entwickelt sich die richtige Strategie für das weitere Wachstum und das beantwortet auch die Frage, ob sich ein Investment in das Startup überhaupt lohnen kann.
Oftmals werden solche Berechnungen nicht oder nicht transparent nachvollziehbar angestellt. Viele Faktoren sind ja noch zu ungewiss, als dass man damit heute schon rechnen möchte. Doch, eine zielgerichtete Strategie kann ein Startup sicher nicht entwickeln, wenn es das Maß des Ziels, die künftige Unternehmensbewertung, nicht im Auge hat. Dann wird das Führen des Unternehmens zu einem Blindflug – einzig mit dem unkonkreten Wunsch, nach oben zu kommen. Das aber kann nicht funktionieren – und wenn, dann höchstens zufällig oder mit zu niedrigen Zielen. Das ist sicher nicht optimal.
Warum hat nun die Frage nach der Zielbewertung auch in ersten Investorengesprächen eine so hohe Relevanz? Weil man damit den heutigen Wert bestimmt? Sicher nicht, jedenfalls nicht unmittelbar, denn heute ist ja nicht morgen und morgen nicht heute. Ein solcher Wert bringt aber Klarheit in die alles entscheidenden Fragen:
- Kann das Team mit dem Produkt und den geplanten Schritten in dem sog. relevanten Markt eine solche Größe überhaupt erreichen?
- Können die Schritte einen solch hohen Zielwert rechtfertigen?
Die Ziel-Unternehmensbewertung ist somit die Verbindung von allem – von Produkt zur Strategie zum notwendigen Personal und zum geplanten Markterfolg und der geplanten Rentabilität. Und all das in einem klar definierten Markt, dem sog. relevanten Markt. Dabei müssen Investoren und Gründerteams nicht nur die Frage nach dem richtigen Ziel stellen, sondern es muss stets auch die Frage nach den möglichen und besten Maßnahmen zur Zielerreichung hinterfragt und beurteilt werden.
Wie kann nun eine grobe Zielbewertung aussehen. Eine sog. noch grobe Peergroup-Analyse und ein Aktienvergleich können helfen. Die Frage, die Sie sich stellen ist einfach, was würde man an der Börse für ein Unternehmen bezahlen, wenn ihr Startup irgendwann einmal ‚ganz groß‘ ist. Schauen Sie sich die Umsätze der börsennotierten Unternehmen an, was machen diese an Gewinn und was leitet die Börse daraus für eine Marktkapitalisierung ab. Nutzen Sie diese Zahlen und legen Sie mit einem einfachen Dreisatz die Werte fest, die das Startup erreichen muss, um z.B. eine Zielbewertung von 20, 50 oder 80 Millionen Euro zu erreichen. Im Allgemeinen werden dann Umsatz oder ‚Kunden‘-Zahlen genannt.
Erst wenn Sie die Zielbewertung und die wichtige Basisgröße z.B. den Zielumsatz kennen, lassen Sie sich die Frage nach dem richtigen Weg dorthin beantworten und im Detail erläutern: Sind die Milestones, die Strategie und auch die relevanten Märkte im Einklang mit den zu erreichenden Umsatzzahlen, ist das zu schaffen? Nur dann ist auch ein so hoher Unternehmenswert grundsätzlich machbar. Sie erlangen ein sehr gutes Gespür, ob den Startups tatsächlich solch ein Wertanstieg bevorsteht, wie Gründerteams es oft auch selbst glauben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Zielbewertung soll hier nur genannt werden. Die Methoden zur Ermittlung eines möglichen Exit-Erlöses folgt anderen Maßstäben. Bei einem beabsichtigten strategischen Exit – z.B. an den Marktführer des jeweilig adressierten Marktes oder eines seiner Wettbewerber folgt viel stärker den möglichen Synergien und auch etwaigen Opportunitäten im Hinblick auf die Wettbewerbssituation des Marktes. Dieser Aspekt soll hier daher nur angerissen werden, kann aber zu Verkaufserlösen führen, die die o.g. Zielbewertungen deutlich übersteigen.
Fazit:
Wenn Sie in ein Startup investieren wollen, dann lassen Sie sich nicht einzig nur von einem guten Team oder einem guten Produkt blenden.
Viel wichtiger und allseits unterschätzt ist die Frage, ob das Bewertungsziel des Startups mit den geplanten und auch möglichen Maßnahmen sowie auch den erreichbaren Märkten übereinstimmt. Können diese Aspekte eine künftig hohe Zielbewertung rechtfertigen.
Ob Sie Ihr Geld dann in den nächsten Jahren verdoppeln oder verzehnfachen möchten, das ist Ihrem Risikogeschmack und dem Glauben an die Strategie und deren Umsetzung überlassen.
Jedoch, ohne einen Abgleich von Zielbewertung und Strategie – und das auf grober Zahlenbasis – investieren Sie blind. Und das möchten Sie sicher nicht.
Daher fragen Sie zunächst stets nach der Zielbewertung und den dafür nötigen Ziel-Kennzahlen. Dann sind Sie auf dem richtigen Weg zum richtigen Ziel.